Eucharistiefeiern im Zeichen von Covid-19

Eucharistiefeiern im Zeichen von Covid-19

Ein Diskussionsbeitrag zu einem innerkirchlich heiklen Thema

Die Gottesdienstkongregation in Rom hat Regelungen erlassen, denen sich (wahrscheinlich) alle Bischofskonferenzen angeschlossen haben. Darin wird geregelt, dass wir Priester alleine oder in kleinen Gruppen von fünf Personen die Eucharistie feiern sollen.

Erfreulicherweise gibt es inzwischen immer mehr Kollegen und auch andere Christ*innen, die diese Anordnung infrage stellen.

Besonders fundiert tut das Johann Pock, dessen Artikel im Internet unter www.theocare.wordpress.com zu finden ist.

Daraus zitiere ich zunächst ein paar Abschnitte:


"Chance vertan – so könnte man die jüngste Regelung der Gottesdienstkongregation für die Kar- und Osterliturgie zusammenfassen. Die größte weltweite Krise seit den Weltkriegen wirft alle üblichen gesellschaftlichen Spielregeln über den Haufen. Da ist es verständlich, dass sich eine Institution wie die römisch-katholische Kirche als Fels in der Brandung verstehen möchte, als eine Heils-Institution, die Menschen in der Not beisteht – und auch Sicherheit gibt…

die Eucharistiefeier wurde im II. Vatikanum als Feier des Gottesvolkes verstanden und nicht als Feier des Priesters, der die Laien andächtig beiwohnen…

Die nun vorgestellten Normen bieten nicht einen Fortschritt, den man auch nach der Coronakrise als Errungenschaft mitnehmen könnte, sondern einen Rückschritt in zentralistische und hierarchische Kirchenbilder: Im Fokus stehen noch mehr als sonst der Bischof und die Priester.

Es gibt nicht den kleinsten Schritt dahin, dass man hier das gemeinsame Priestertum stärkt – und in dieser Notlage zuerkennt, dass das gemeinsame Feiern in den Hausgemeinschaften auch ohne einen Priester in Gegenwart Christi geschieht.

Wäre das nun nicht die Chance gewesen, zu sagen: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen“? Ja – das wird von den Bischöfen auch so gesagt – aber diese zwei oder drei müssen um einen Priester versammelt sein.

Und noch schlimmer: Bei versperrten Kirchentüren soll die kleine Gruppe…die Karwochenliturgie feiern. Was wie ein schlechter Witz klingt, geht auf die neuen Regeln der Gottesdienstkongregation und der Bischofskonferenzen zurück….

Bei allem Verständnis dafür, eine machbare Regelung der Feier zu finden, die auch den Corona-Pandemie-Regeln entspricht: Möglich betende Gläubige aus der Kirche zu expedieren und dann mit vier ausgewählten Personen allein in der großen (oder auch kleineren) Pfarrkirche zu feiern (und das vereinzelt ins Internet zu übertragen), kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Und das Signal ist meines Erachtens fatal: Trotz aller Beteuerungen, dass man dies gut vermitteln muss, dass es nicht den Anschein von „Auserwählten“ machen sollte: Der Augenschein ist ein anderer: Wir schließen die Pforten der Kirchen

(zumindest für diese Feier) und einige Auserwählte feiern dahinter für die anderen die Liturgie.

Mir geht es jedoch um den Punkt, dass in dieser Notsituation im Letzten nicht von der Not des Gottesvolkes her gedacht wird, sondern von den Priestern: Ihnen soll es vor allem ermöglicht werden, die Karwochenliturgie zu feiern…

Warum kann dann nicht auch der Bischof einer Diözese für seine ganze Diözese die Eucharistie feiern – und die Gläubigen vor den Bildschirmen feiern aktiv mit, und dies nicht nur mit einer geistlichen Kommunion, sondern tatsächlich mit Brot (und Wein) am Tisch?

Und wer kann dann sagen, dass hier Jesus nicht gegenwärtig wäre in den unterschiedlichen Gestalten von Wort und Sakrament? Und wenn diese Hausgemeinschaft dies ohne Bildschirm macht – ist Jesus dann nicht gegenwärtig?


Die Chance dieser Krise wäre es, von der Priesterzentrierung wegzukommen hin zu einem Anerkennen der gemeinsamen Taufberufung – diese Chance sollte nicht durch Kleingruppengottesdienste in abgeschlossenen Kirchen vertan werden.“

Ich finde nicht nur, dass eine Chance vertan wird, sondern dass die gegenwärtige Praxis die größte Exkommunikation von Gläubigen darstellt: Ein Ausschluss aus der eucharistischen Gemeinschaft, wie er sich wohl noch nie in der Geschichte der Kirche ereignet hat.

Wenn wir als Kirche bei den Menschen sein wollen, dann könnten wir uns in dieser Zeit wirklich solidarisch zeigen mit allen, die keine Möglichkeit zum Empfang der Kommunion haben. Um es noch zugespitzt zu sagen: der Klerus versorgt sich in erster Linie selbst.

Jetzt ist die Zeit, endlich mit den Menschen, mit denen wir im Alltag das Leben teilen, auch den Glauben zu teilen und zu feiern, aber nicht nur im Teilen des Wortes Gottes, sondern auch im Teilen seiner Gaben. Von wem sollten wir als Gläubige uns daran hindern lassen?

Und als Pfarrer erhoffe ich mir, dass wir verstärkt miteinander ins Gespräch kommen, was wir unter „Eucharistie“ verstehen, was sie uns bedeutet und wie und wo wir sie feiern können und wollen.

„… uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben (ist er erschienen)“ Apostelgeschichte 10,41

Gesegnete Ostern und viel Auferstehungserfahrungen im Alltag wünsche ich uns allen!

Marbach am Neckar, Osternacht 2020

Stefan Spitznagel


Zu diesem Thema gibt es ein Interview mit Bischof Heiner Wilmer:

www.deutschlandfunk.de